Ce magnifique gâteau!

Ende des 19. Jahrhundert: ein verwirrter König, der endlich seine gewünschte Kolonie erhält, ein in einem Luxushotel arbeitender Pygmäe, der den Verlust seiner Familie verkraften muss, ein gescheiterter Geschäftsmann, der seine Familie betrogen und sich nun nach Afrika abgesetzt hat, ein verlorener Gepäckträger und ein junger Deserteur: Die Geschichten all dieser Protagonisten, die sich nur selten – wenn überhaupt – kreuzen, aber durch eine afrikanische Kolonie verbunden sind, erzählt der belgisch-niederländisch-französische Puppentrick-Stop-Motion-Film «Ce magnifique gâteau!». Die fünf Kapitel des nur 44 Minuten dauernden Films, die jeweils eine der Personen ins Zentrum stellen, zeigen die Auswirkungen der Kolonialisierung aus unterschiedlichsten Perspektiven. Niemand, nicht einmal der König, wird richtig glücklich mit oder in der Kolonie.
Unfreiwillig komische Szenen wechseln sich mit tieftraurigen ab, und immer wieder lässt der Film des belgischen Regieduos Emma De Swaef und Marc James Roels die Grenzen zwischen Illusion und Realität, zwischen Traum, Wunsch und Wirklichkeit verschwimmen. Verstärkt wird dies insbesondere auch durch die Realitätsnähe der detailreichen Kulisse. Denn wie die Puppen selbst ist auch die Ausstattung des Szenenbilds weitgehend aus Filz, Watte und anderen textilen Stoffen gefertigt. In Kombination mit dem zwar sparsamen, aber durchaus prägnanten Einsatz von Sound und Musik wird dieser Stop-Motion-Film zu einem besonderen Seh- und Hörerlebnis. Weltpremiere feierte «Ce magnifique gâteau!» im Frühjahr dieses Jahres in Cannes, in Annecy gewann er den André-Martin Award for a French Short Film. In bester Erinnerung ist der Vorgängerfilm des Duos «Oh Willy …», der 2012 und 2013 international mehr Selections und Preise erhielt als jeder andere Film. (ch)